Bis ich seine CD „Don’t Try It Anywhere“ zur Rezension bekam, hatte ich den Namen noch nie gehört. Simone Zanchini? –Aha, Akkordeon-Jazz aus Italien. Ich legte die CD in den Recorder, lehnte mich bequem zurück, startete die Wiedergabe, und – „WUMMS!“, da war er, der „Whamm“-Effekt.

Frische Energie weht durch die Gute Stube

Wieso? Naja, die meisten von uns haben gewisse Erwartungen, wenn sie „Akkordeon-Jazz“ hören. Die Palette wird mehr oder weniger von den Meistern Galliano und Marocco eingegrenzt: hier Jazz mit Musette- und einem ordentlichen Schuss Tangotradition, mit dem Bandoneon-Genie Piazzolla winkend im Hintergrund; dort ein Akkordeon, das sich meisterhaft in der Swing-Jazz-Tradition bewegt. Aber die Musik, die ich hier höre, ist anders: Die CD gestartet, und – Whamm!, fegt frische Energie durch die gute Stube, springt die Musik mich an, frech wie ein junger Hund.

"Don't try this anywhere", Cover der JazzRock-CD von Simone Zanchini aus Italien

„Nicht nachmachen – nirgendwo!“

„Don’t Try This Anywhere“ ist der Titel der CD, die ich hier aufgelegt hatte, der Titel hat eine doppelte Bedeutung: Zum einen ist es eine Anspielung, ein Zitat, denn „Don’t Try This At Home“ hieß 1988 eine CD des legendären Saxophonisten Michael Brecker (1949 – 2007). Zanchinis CD-Projekt ist Michael Brecker gewidmet, daher auch die Orientierung am mächtigen Jazzrock der 1970er- und 1980er-Jahre.

Zwei Musiker, die damals bei Breckers Produktion dabei waren, hat Zanchini zur Teilnahme an seinem „Tribute“-Projekt gewonnen: den Drummer Adam Nussbaum und den Bassisten John Patitucci.

Der italienische Akkordeonist Simone Zanchini spielt freie Musik
Foto: Peter M. Haas

Achtung – hier wird etwas riskiert!

„Don’t Try This Anywhere“ ist aber auch der Hinweis: Achtung, hier wird etwas riskiert! Denn während die Stücke dieses Albums in der lupenreinen, powervollen Tradition des Jazzrock stehen, gehen die Musiker frech, frei, klischeeverachtend mit dem Material um, spazieren durch freitonale Dialoge und gemeinsame Klangspiele, in Momenten fasert die Musik völlig aus der Form, um sich dann wieder zu finden und neu zu ordnen. Als ich diese Platte hörte und genoss, wusste ich noch nicht, dass diese Respektlosigkeit gegen die Form, die Rebellion gegen die Codes der Hörerwartung zum Grundzug von Zanchinis Musik gehört. Der zweite Grundpfeiler freilich: dass er nicht nur an Fantasie überbordet, sondern auch als Instrumentalist und Solist am Akkordeon in der obersten Liga zuhause ist.

Kostprobe auf YouTube

Mehr über Simone Zanchini erfuhr ich, als ich ihn in Dresden zu einem Interview traf. Demnächst auf meiner website!!! Hier und heute gibt es erst einmal eine Kostprobe aus der hier rezensierten CD, das Titelstück „Don’t Try This anywhere“.

 

 

 

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner